Thomas Produit (Foto: David Sandoz)
Foto: David Sandoz

Ein Schweizer Paar auf Top-Niveau: Thomas Produit und Talita Carneiro Rodrigues

Spieler im Porträt

Gut fünf Monate vor dem European Winners‘ Cup (EWC) in Radevormwald stellen wir heute zwei Spieler des des Schweizer Tchoukball-Clubs Meyrin vor: Thomas Produit und Carneiro Rodrigues. Sie haben viele Gemeinsamkeiten. Beide sind 25 Jahre alt, beide brennen für Tchoukball und sie sind ein Paar.

Thomas Produit

Thomas Produit lernte Tchoukball 2006 im Alter von 13 Jahren beim Tchoukball Club Genf kennen. Seit seinem ersten Tag dort spielte er als Verteidiger. Bald entschied er sich beim Tchoukball zu bleiben, nachdem er Schwierigkeiten hatte sich in seine damalige Handballmannschaft zu integrieren. Von da an wurde Tchoukball zu einem festen Bestandteil seines Lebens. Dieser Schritt hat sich ausgezahlt: Seit seinem Tchoukball-Debüt hat Produit 63 Spiele mit dem Schweizer Männerteam bestritten. Er nahm unter anderem an den beiden vergangenen Europameisterschaften in Jicin (Tschechien, 2016) und Castellanza (Italien, 2018) teil.

Thomas Produit im Angriff. (Foto: David Sandoz)
Thomas Produit im Angriff. (Foto: David Sandoz)

Auf Club-Ebene spielte er bis 2012 für Genf, bevor er 2013 nach Val-de-Ruz wechselte. Während seiner vier Saisons für die Flyers vertrat er sie in der Schweizerischen Nationalliga, bei mehreren Ausgaben des European Winners‘ Cup und einer Ausgabe des European Silver Cup. 2017 wechselte er zurück nach Genf, spielt seitdem aber für die Meyrin Panthers.

Der Nationalspieler hat einen umfangreichen Hintergrund und ist ein angesehener und erfahrener Spieler. Als seine bisher beste Tchoukball-Erinnerung bezeichnet Produit das Nations-Cup-Finale 2011 bei den Geneva Indoors. Es war sein erstes prestigeträchtiges Spiel mit der Schweizer Nationalmannschaft. Produit durfte gegen Österreich spielen, dessen Mannschaft er für einen außergewöhnlichen Gegner hält. In seiner Heimatstadt und vor der ganzen Familie war dieser Sieg ein ganz besonderer Moment für ihn!

Tchoukball nimmt den Großteil von Produits Freizeit ein, wenn er nicht gerade Ski fährt oder Wandern geht. Seine Freundin Talita Carneiro Rodrigues ist nicht nur auf dem Tchoukball-Feld seine beste Freundin, sondern auch seine beste Freundin im Leben. Im seltenen Fall, dass Produit nicht auf dem Feld auf und ab läuft, arbeitet er an der Universität Genf mit einem Terrawatt-Laser. Der ist in der Lage Löcher in Wolken zu brennen und elektrische Funken zu erzeugen. Kein Wunder, dass Produit auf dem Spielfeld vor Energie nur so sprüht!

Thomas Produit bei den Geneva Indoors in der Verteidigung. (Foto: David Sandoz)
Thomas Produit bei den Geneva Indoors in der Verteidigung. (Foto: David Sandoz)

Neben der Begegnung mit Talita ist das Beste an Tchoukball für ihn das Gefühl, „Teil einer großen Tchoukball-Familie zu sein“, die sowohl Teamkollegen als auch Gegner umfasst. Er wünscht sich, dass dieses familiäre Gefühl, das einzigartig am Tchoukball sei, bestehen bleibt. Gleichzeitig hofft er aber auch, dass das Spiel in der Öffentlichkeit bekannter wird und vielleicht sogar etwas Sendezeit im Fernsehen bekommt.

Auf Produits Niveau Tchoukball zu spielen erfordert viel Hingabe und Engagement. Nachwuchsspieler sind seiner Meinung nach oft von Natur aus talentierte Werfer, haben in der Verteidigung aber häufig Defizite. Deshalb empfiehlt er ihnen diese Fähigkeiten intensiv zu trainieren, um ihre Entwicklung nicht zu hemmen. Unverkennbar der Ratschlag eines Verteidigers. Der Unterschied zwischen den Teams schrumpft Produits Meinung nach und er glaubt, gut durchdachte Strategien könnten den Unterschied zwischen einem Ein-Punkt- und einem Zehn-Punkte-Vorsprung ausmachen. In den letzten fünf Jahren habe sich die Qualität und die Dynamik des Spiels rasant erhöht und die Teams und Spieler dazu gedrängt ihre Leistung wöchentlich zu steigern.

Obwohl Tchoukball (noch) kein riesiges öffentliches Interesse hat, spornt es Produit sofort an wenn er sein Trikot für ein Spiel anzieht. Er genießt den positiven Druck, wenn ein Spiel angepfiffen wird. Sicher braucht Produit keinen zusätzlichen Anreiz für den EWC 2019 in Radevormwald. Sein Wunsch ist es mit den Meyrin Panthers das EWC-Finale zu erreichen. Das wäre sein erstes europäisches Finale und würde bedeuten, dass der Schweizer Tchoukball wieder auf dem Vormarsch sei.

Talita Carneiro Rodrigues

Unser weiblicher Star in dieser Woche ist die 25-jährige Verteidigerin der Meyrin Panthers, Talita Carneiro Rodrigues. Sie spielt im Verein als Verteidigerin und greift in der Damen-Nationalmannschaft als Rechtshänderin von rechts an.

Talita Carneiro Rodrigues wirft bei der Europameisterschaft 2018 auf das Frame. (Foto: David Sandoz)
Talita Carneiro Rodrigues wirft bei der Europameisterschaft 2018 auf das Frame. (Foto: David Sandoz)

Nachdem sie das Spiel zuerst in der Schule gelernt hatte, begann Carneiro Rodrigues 2003 für den Genfer Tchoukball Club zu spielen, um eine solide Grundlage für das Spiel zu schaffen. Der Verein ist vor allem bei Anfängern für seine effektiven und inklusiven Trainings bekannt. Der Club ermöglichte es ihr sich zu einer starken Verteidigerin zu entwickeln, bevor sie zu Chambésy wechselte. Chambésy fusionierte später und wurde zu Meyrin, wo sie heute noch für die erste Mannschaft spielt, die Meyrin Panthers.

2012 wurde Carneiro Rodrigues Teil Schweizer Nationalmannschaft und nahm im Laufe der Jahre an zahlreichen Turnieren teil, wie zum Beispiel am jährlichen Geneva Indoors (seit 2012) sowie an den Europameisterschaften 2014 und 2018. Insgesamt hat sie bis heute 55 Mal für die Schweiz auf dem Platz gestanden, vor allem als rechte Werferin. Die Europameisterschaften 2018 in Castellanza (Italien) sind dabei der Ort ihrer liebsten Tchoukball-Erinnerung: Dort gelang es der Schweizer Nationalmannschaft ins Finale gegen Gastgeber Italien einzuziehen, das sie „mit viel Spannung, aber immer noch auf einem erstaunlichen Niveau“ letztlich nach Verlängerung verloren.

Es kommt nicht oft vor, dass man in der Lage ist Sport auf internationaler Ebene in einem gemischten Team zu spielen, geschweige denn besser zu sein als die männlichen Kollegen. Im Erwachsenenalter werden Mädchen und Jungen normalerweise getrennt und gehen verschiedene Wege. Sie spielen, abgesehen vielleicht von Charity- oder Freundschaftsspielen außerhalb der Liga, nicht mehr zusammen. Beim Tchoukball in Europa ist es genau das Gegenteil: Getrennte Teams gibt es nur auf Europa- und Weltmeisterschaften. Alle Vereinsspiele werden in gemischten Teams gespielt. Für die Schweizer Spielerin Carneiro Rodrigues ist das eine der schönsten Aspekte ihres Sports. Bisher habe sie jeden Moment ihrer Tchoukball-Karriere geliebt, wo sie ihren besten Freund, Teamkollegen und Lebenspartner Thomas Produit und eine „Tchoukball-Familie“ kennengelernt habe.

Carneiro Rodrigues findet, dass die Spiele viel schneller geworden sind, seitdem sie angefangen hat Tchoukball zu spielen. Es sei heute viel es schwieriger die Würfe zu lesen und zu erahnen, die sie verteidigen muss. Ihr bester Rat an jüngere Spielersei, sich auf „das Passspiel und dessen Auswirkungen auf den Rhythmus des Spiels“ zu konzentrieren. Spiele könnten sich „durch intelligenten Spielaufbau verändern“. Wenn man Ihre Beobachtungen über das Konstrukt der Spieltaktik hört, verwundert es weniger, dass Rodrigues ihre Zeit abseits des Spielfelds damit verbringt als Architektin Modelle zu bauen. Auch wenn sie zugibt, dass es nicht gerade hilfreich für ihre Karriere ist, vom Tchoukball häufiger Verletzungen an der Hand oder den Fingern zu haben.

Obwohl das bevorstehende Turnier Teil Ihres letzten Tchoukball-Jahres sein wird hofft Carneiro Rodrigues, dass das Spielniveau weiter steigen wird und Tchoukball noch stärker weltweite Anerkennung im Sport erfährt. Vor allem hofft Sie aber, dass Tchoukball nie die freundschaftliche, eng verbundene Atmosphäre verliert, die das ganze Spiel regiere. Sie nutzt die Energie ihrer Teamkollegen, um sich für ein bedeutendes Spiel zu motivieren. Sie wünscht sich, dass sie in Radevormwald für den EWC 2019 in Topform sein werden und strebt den Einzug ins Finale an.

Für die Meyrin Panthers spielt Talita Carneiro Rodrigues (Zweite von rechts) ihre Stärke als Verteidigerin aus. (Foto: Cassandra Renaud)
Für die Meyrin Panthers spielt Talita Carneiro Rodrigues (Zweite von rechts) ihre Stärke als Verteidigerin aus. (Foto: Cassandra Renaud)

Autoren: Tara Granea und Nick Rowe
Übersetzung: Marie Berbecker
Redaktion: Stuart Blakemore und Joachim Fromm